Flughafen Berlin demnächst in Betrieb?!
Stellen Sie sich folgendes vor: Zwei Ortschaften, A-Dorf und B-Stadt, deren Distanz sagen wir einmal zehn Kilometer beträgt. Sie gehen diesen Weg. Ihr Projekt. Ihr Ziel. Allerdings ist der Weg unmittelbar vor B-Stadt durch eine tiefe Schlucht unterbrochen. Erdrutsch, Erdbeben, egal. Die Schlucht ist ca. 200 Meter breit, unüberbrückbar.
Sie stehen am Rande dieser Schlucht, schauen in die Tiefe, als Ihr Telefon klingelt.
„Wo seid ihr, wann kommt ihr denn?“ fragt jemand besorgt am anderen Ende.
„Keine Sorge, fast da, wir haben 98% des Weges hinter uns. Können die Kirchtürme schon sehen…“
Ein Witz? Im SPIEGEL 48/2014 findet sich ein Interview mit dem noch-Vorsitzenden des Aufsichtsrats Flughafen BER. Mit genau dieser Aussage. Ich zitiere: „Der Flughafen ist jetzt zu 98% fertig, aber die restlichen 2% sind die schwierigsten. Versuchen Sie mal, das öffentlich zu vermitteln“. Zitatende.
Das unglaubliche daran ist, dass die Öffentlichkeit schuld ist. Schuld weil zu doof zu verstehen, dass die letzten 2% immer die schlimmsten sind.
Egal ob Politiker, Abteilungsleiter, Vertriebler oder Vorstand: Entscheidungskompetenz hängt an der richtigen Interpretation von Zahlen. Und wir können leider nicht immer davon ausgehen, dass die Urheber dieser Zahlen ehrlich genug oder intelligent genug sind.
Wie würden Sie entscheiden, wenn Sie so eine Zahl genannt bekämen? Augen zu und durch? Sind ja nur noch 2%? Was, wenn Sie alle „Restarbeiten“ in Betracht ziehen und summa summarum auf vielleicht 70% statt 98% kämen? Abbrechen? Dann doch lieber ein Ende mit Schrecken?
Ich gehe davon aus, dass der Staat Ihre Budgets nicht garantiert. Wir müssen aber ein Ei legen, eine Entscheidung treffen. Jetzt. Und da schadet es nicht, die Aussagen der (angeblichen) Experten kritisch zu hinterfragen.
In der Privatwirtschaft würde eine derartige 98%-Expertise direkt in die Insolvenz führen.